
Langeoog – Mann scheucht für Fotos Seehunde auf – Polizei ermittelt
Ein Mann verscheucht auf Langeoog rund 20 Seehunde für ein Foto – in einer streng geschützten Ruhezone. Ihm droht nun ein saftiges Bußgeld.
Langeoog/Aurich – Ein junger Mann hat auf der ostfriesischen Insel Langeoog durch rücksichtslose Missachtung geltender Naturschutzregeln für erhebliche Aufregung gesorgt. Um Aufnahmen von Seehunden zu machen, drang der 26-Jährige in eine streng geschützte Ruhezone des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ein und trieb rund 20 Tiere ins Wasser. Der Vorfall ereignete sich bereits am vergangenen Donnerstag, wurde jedoch erst am Montag von der Polizei öffentlich gemacht.
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Zeugen schlagen Alarm – Polizei ermittelt
Von einer Aussichtsplattform aus beobachteten mehrere Zeugen, wie der Mann gezielt auf eine Gruppe von Seehunden zulief. Die Tiere flüchteten daraufhin ins Wasser. Die Polizei wurde informiert und konnte den mutmaßlichen Störer anhand der Zeugenaussagen identifizieren. „Der Mann habe durch das Aufscheuchen besondere Aufnahmen von den Seehunden machen wollen“, erklärte eine Polizeisprecherin in Aurich.
Gegen den 26-Jährigen wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Ihm droht nun ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro. Ob der Mann die Warnschilder bewusst ignorierte oder versehentlich in die Schutzzone eindrang, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden.
Schutzzone 1: Der sensibelste Bereich des Nationalparks
Die sogenannte Schutzzone 1 – auch „Ruhezone“ genannt – unterliegt den strengsten Schutzregeln innerhalb des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer. Sie darf ganzjährig nur auf ausdrücklich ausgewiesenen Wegen betreten werden. Hier befinden sich insbesondere die Geburts- und Ruheplätze der Seehunde, die auf ungestörte Rückzugsräume angewiesen sind.
„Die Seehunde sind streng geschützt und dürfen nicht in ihrer Ruhe gestört werden“, betont die Polizei in einer Mitteilung. Vorfälle wie auf Langeoog seien keine Seltenheit, auch auf Borkum oder anderen Ostfriesischen Inseln würden regelmäßig Störungen gemeldet – besonders in den Sommermonaten, wenn viele Touristen unterwegs sind.
ein wiederkehrendes Problem
Wie die Seehundstation Norddeich berichtet, nehmen Störungen durch Menschen seit Jahren zu. Immer wieder näherten sich Besucher den Tieren für Selfies oder spektakuläre Nahaufnahmen. Die Folgen für die Tiere können erheblich sein. Werden Seehunde wiederholt aufgeschreckt, meiden sie bestimmte Ruheplätze – was besonders für Jungtiere lebensbedrohlich werden kann.
Tim Fetting, Leiter der Tierpflege der Station, appelliert an die Vernunft der Besucher und gibt einen einfachen Merksatz für die richtige Entfernung: „Den kleinen Finger ausstrecken, dahinter sollte man den Seehund nicht mehr sehen können.“
Polizei und Tierschützer mahnen zur Vorsicht
Angesichts des aktuellen Falls erinnert die Polizei erneut an die geltenden Vorschriften im Nationalpark. Wer Tiere stört oder Schutzzonen missachtet, riskiert nicht nur empfindliche Geldstrafen, sondern gefährdet das ökologische Gleichgewicht der Region. Auch wenn ein Seehund verletzt oder hilflos wirkt, sollte keinesfalls versucht werden, sich zu nähern oder ihn zu „retten“. Die Polizei rät, stattdessen die Seehundstation oder örtliche Behörden zu informieren.
Seehundstation Nationalpark-Haus
Telefon: 04931/97363-0
E-Mail: info@seehundstation-norddeich.de
Ein Fall mit Symbolkraft
Der Vorfall auf Langeoog steht exemplarisch für ein Grundproblem des modernen Naturtourismus: Der Wunsch nach exklusiven Erlebnissen und spektakulären Bildern kollidiert zunehmend mit dem Schutzanspruch sensibler Ökosysteme. Dabei zeigen Fälle wie dieser, wie schnell aus einem harmlos wirkenden Fotoabenteuer eine konkrete Bedrohung für geschützte Tiere werden kann.
Die Behörden hoffen nun auf eine abschreckende Wirkung des laufenden Verfahrens – und darauf, dass Naturbegeisterung künftig wieder mit Rücksicht einhergeht.
Schutz der Seehunde: Verhaltensregeln in der Schutzzone 1
- Zutritt nur auf ausgewiesenen Wegen
Die Schutzzone 1 darf ausschließlich auf genehmigten und gekennzeichneten Wegen betreten werden. Jegliches Verlassen dieser Wege ist ganzjährig verboten. - Mindestabstand zu Seehunden einhalten
Zu Seehunden muss ein großer Abstand eingehalten werden. Empfehlung der Seehundstation: „Kleinen Finger ausstrecken – ist der Seehund dahinter noch sichtbar, ist man zu nah.“ - Keine Annäherung – auch nicht bei verletzten Tieren
Auch scheinbar hilflose oder verlassene Seehunde dürfen nicht berührt oder auf eigene Faust „gerettet“ werden. Stattdessen ist die Seehundstation Norddeich oder die Polizei zu informieren. - Fotografieren nur mit Teleobjektiv
Fotos dürfen nur aus großer Entfernung gemacht werden – ohne Störung der Tiere. Drohnenflüge in der Schutzzone sind strikt untersagt. - Keine lauten Geräusche oder schnellen Bewegungen
Lärm, Rufen, Klatschen oder Rennen sind tabu. Diese Stressoren können Seehunde zur Flucht zwingen und ihren Erholungsrhythmus stören. - Ruhezeiten der Tiere respektieren
Seehunde nutzen Sandbänke und Strände für Ruhephasen und zur Aufzucht der Jungtiere. Störungen in dieser Zeit können zur Trennung von Mutter und Jungtier führen. - Keine Hunde in der Ruhezone
Hunde – selbst angeleint – sind in der Schutzzone 1 verboten. Der Geruch von Hunden allein kann für Seehunde bereits Stress bedeuten. - Kein Müll, kein Futter, keine Berührungen
Tiere dürfen weder gefüttert noch angefasst werden. Müll ist ausnahmslos mitzunehmen, da er die Umwelt belastet und Tiere gefährden kann. - Auf Informationstafeln und Warnhinweise achten
Die Wege sind markiert. Alle Hinweisschilder sind verbindlich und geben wichtige Informationen zu Verhaltensregeln und Brutzeiten. - Verstöße können teuer werden
Wer gegen die Vorschriften verstößt – etwa durch das Betreten verbotener Zonen oder das Stören von Tieren – muss mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro rechnen (gemäß Bußgeldkatalog Niedersachsen).